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Deutscher Anwaltstag und Mediation. Zum Einsatz von KI in Mediationsverfahren.

Eine Vielzahl von interessanten und thematisch breit aufgestellten Veranstaltungen – sowohl online als auch in Präsenz – hatte die AG Mediation im Deutschen Anwaltsverein für den Deutschen Anwaltstag 2025 in Berlin organisiert.

Dazu zählten neben dem Online Salon

– „Kybernetische Mediation“

vor allem die Präsenzveranstaltungen

„Politische Mediation – Ein Weg zu Freiheit und Frieden“,
– „Umgang mit schwierigen Situationen in Mediation und Vergleichsverhandlungen: Blockaden und Widerstände auflösen, mit Eskalationen und Machtungleichgewichen umgehen“,
– „KI in der Mediation – Können Large Language Models mediieren? Ein praktischer Versuch“,
– „Magie Mindset – Wie die persönliche Haltung Mediationswunder bewirken kann“,
– „Anwaltschaft und Mediation: Warum eine Zusammenarbeit für alle Beteiligten sinnvoll und bereichernd ist“
und
– „Internationale Streitschlichtung“.

Es würde den Umfang dieses Beitrags sprengen, der im Wesentlichen ein Kurzbericht zu den Aktivitäten der AG Mediation auf dem Anwaltstag sein soll, wollte man auf alle Veranstaltungen näher eingehen.

Indes stach nach Ansicht des Verfassers dieses Beitrags eine Veranstaltung besonders heraus und soll deshalb näher dargestellt werden – einmal wegen der Aktualität des Themas als auch deshalb, weil sie das Publikum in besonderem Maße integrierte:

KI in der Mediation – Können Large Language Models mediieren? Ein praktischer Versuch.

– moderiert von Dr. Thomas Lapp.

Nach einer kurzen Einführung zur Definition und zum Verständnis von KI,

stellten die Referentinnen die Herausforderungen einer Mediation und auch die sich ergebenden Chancen beim Einsatz einer KI dar,

um dann auf die Risiken zu sprechen zu kommen – jedoch stets eine Rückkoppelung zum Publikum herstellend.

Im Anschluss hieran folgten zahlreiche Tipps für einen erfolgreichen Einsatz von KI,

wobei insbesondere das strukturierte Prompting

als auch das Prompting für die verschiedenen Phasen

ausführlich dargestellt und erörtert wurden.

Hieran schlossen sich dann verschiedene praktische Übungen an, die die Referentinnen wiederum unter Einbeziehung der Teilnehmenden durchführten. Sie verdeutlichten die Möglichkeiten, die Anwendungsschwierigkeiten wie auch den Nutzen des Einsatzes von KI im Mediationsprozess.

Dabei zeigte sich, dass es seitens der teilnehmenden Anwaltsmediatoren überwiegend als problematisch erachtet wurde, würde in einem laufenden Mediationsverfahren zusammen mit den Medianden KI eingesetzt werden. Dennoch berichteten auch einige Teilnehmer von positiven Erfahrungen bei dieser Vorgehensweise.

Beispielhaft wurde in diesen Zusammenhang auf die Optionenphase verwiesen, in der der Mediator in stockenden Situationen den Medianden das Angebot unterbreitet, „die KI zu befragen, ob sie noch weitere Lösungsmöglichkeiten benennen könne“.

Dass dies allerdings erfordert, wenn es denn zielführend sein soll, dass die KI mit hinreichenden Infos zum Konflikt und den Beteiligten versorgt wird, liegt auf der Hand. Und so stellt sich denn die Frage, wann und wie dies erfolgen soll:

– Bereits während des laufenden Mediationsverfahrens – ggf durch Mitschnitt wesentlicher Teile des Gesprächsverlauf oder durch jeweilige Eingaben seitens des Mediators, oder

– erst in der jeweils entscheidenden Phase durch den Mediator, was dann jedoch, wenn denn zielführende Antworten von der KI erwartet werden, die Eingabe umfangreicher (und ggf. zeitintensiver) Informationen erfordert.

Dass alle diese Alternativen nicht unproblematisch sind, liegt auf der Hand.

Von daher dürfte sich jedenfalls anbieten, dass der Mediator die KI zu seiner eigenen Vorbereitung und Unterstützung einsetzt, beispielsweise bei der Bildung von Hypothesen (zu weiteren Einsatzmöglichkeiten wie bspw. Textanalyse eingereichter Dokumente, Simulation und Training zur Vorbereitung auf schwierige Gesprächssituationen, Vorbereitung von Fragestellungen etc. vgl. den Beitrag von Michael Lardy, hier).

Professionell vorgehende Mediatorinnen und Mediatoren arbeiten zur Vorbereitung des von ihnen zu verantwortenden Mediationsprozesses, mit Hypothesen, um vorläufige Annahmen zum Konflikt und zu den Beteiligten zu treffen. Die Bildung der Hypothesen erfolgt dabei ressourcen- und nicht problemorientiert, ist zukunfts- und nicht vergangenheitsgerichtet.

Zunächst im Vorfeld eines Mediationsverfahrens, später dann auch während der Durchführung, werden regelmäßig Hypothesen gebildet, und zwar

– zum Fall

d.h. zu den Konfliktparteien, zu etwaigen Systemen und Gruppierungen, zu den persönlichen, ökonomischen, familiären oder sonstigen Ressourcen, zum Konfliktumfeld, zu weiteren Betroffenen etc.

– zum Prozess

also zu den einzelnen Mediationsstufen, zu den einzusetzenden Techniken und Methoden, zum Zeitmanagement (namentlich in der Kurzzeit-Mediation), zum Setting etc.

– zur eigenen Person

mithin zur Rolle im Prozess, zu Haltung und Einstellung, zu beruflichen und persönliche Ressourcen, zu Neutralität bzw. Allparteilichkeit und zu ggf. notwendiger Unterstützung (Co-Mediation) etc.

Sich hierbei der unterstützenden Hilfe von KI zu bedienen, tangiert weder ethische noch rechtliche Bedenken, solange Vertraulichkeit und Datenschutz gewahrt werden, Verpflichtungen mithin, die dem Mediator ohnehin durch § 4 MediationsG auferlegt sind. Und auch in Verfahren, die durch mehrere Sitzungen gekennzeichnet sind, spricht nichts dagegen, zwischen den einzelnen Terminen die KI zur erneuten Bildung von Hypothesen helfend einzusetzen.

Der Umgang mit den durch die KI gewonnenen Hypothesen unterscheidet sich dabei nicht von denen, die durch Nachdenken erzielt wurden: Durch gezielte Fragen versucht der Mediator, zu einer Bestätigung oder Widerlegung seiner Annahmen zu gelangen und strukturiert auf diese Weise seine Arbeit. Dabei fragt er nicht direkt nach der Richtigkeit seiner Hypothese, sondern trachtet danach, durch offene Fragen die Richtigkeit seiner Annahme(n) zu verifizieren. Dadurch bringt er Klarheit und Ordnung in das Verfahren und kann jeweils abschätzen, wie der Prozess fortgeführt werden kann.

Fazit: Unterstützend eingesetzt, stellt KI auch für das Mediationsverfahren eine wertvolle, weiterführende und zeitsparendes Hilfsmittel dar.

Ein Kongress wie der Deutsche Anwaltstag lebt indes nicht allein von der Vielzahl der fachlichen Vorträge und Präsentationen, sondern zugleich von den zahlreichen gesellschaftlichen Angeboten – angefangen mit Treffen im Tagungshotel über abendliche Veranstaltungen bis hin zu Besuchen von Ausstellungen und Galerien. Dass dies nicht immer renommierte Institutionen sein müssen, zeigte ein Besuch, den die adribo Gesellschafter Dr. Pielsticker und Prof. Dr. Fritz in der kleinen Galerie CULTERIM durchführten, in der mehrere Nachwuchskünstlerinnen ihre ersten Werke der Öffentlichkeit präsentierten.

(Die obigen Photos zeigen die adribo Gesellschafter in der Galerie CULTERIM mit der Künstlerin Niki P. und ihrer Installation)

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