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Teil 5: Das “Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften” und seine Auswirkungen auf das Recht der Mediation

Das „Handbuch Mediationsrecht“ von Fritz / Pielsticker, nunmehr in 3. Auflage erschienen, ist bekanntlich breit aufgestellt – nicht allein vom Umfang mit über 1300 Seiten, sondern vor allem von seinem Inhalt: Da wären zum einen in den Abschnitten 1 bis 4 die umfassenden Kommentierungen der Vorschriften des Mediationsförderungsgesetzes, der Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren, des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes und des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu nennen. Und zum anderen in den Abschnitten 5 und 6 der qualitätsvolle Lehrbuchteil, der sich mit Methodik und Anwendungsbereichen der Mediation befasst und die anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausführlich darstellt.

Der vorliegende Beitrag von Prof. Dr. Patrick Schroeder – der fünfte in einer Reihe von Abhandlungen, die die Inhalte des Handbuchs aufgreifen – befasst sich mit dem aktuellen „Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistung (RDASG)“. Im Handbuch kommentiert Hans-Patrick Schroeder u.a. das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz im Verhältnis zur Mediation (Seiten 629 ff), das RDG im Verhältnis zur Mediation (Seiten 667 ff), sowie die Anwendungsbereiche der Mediation (Seiten 869 ff).

Hier nun der aktuelle Beitrag:

Das “Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften” und seine Auswirkungen auf das Recht der Mediation

Mit dem vorliegenden, zum 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Gesetz beabsichtigt der Gesetzgeber primär, die Aufsicht über die Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen zu stärken. Es lohnt sich in diesem Zusammenhang zunächst der Blick darauf, welche Änderungen das Gesetz konkret an der Aufsicht über Rechtsdienstleistungen vornimmt. Danach soll überprüft werden, inwieweit sich die Aufsicht über Rechtsdienstleister hierdurch verbessert. Abschließend geht der Beitrag noch einmal auf die Rolle des RDG bei der Streitbeilegung ein.

Wesentliche Änderungen durch das RDASG

Die wichtigsten Änderungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Der Wortlaut des § 3 RDG wird geändert. Die neue Fassung stellt klar, dass die Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch nicht als Rechtsanwälte zugelassene Personen unzulässig ist, soweit keine spezielle Erlaubnis vorliegt. Die alte Version stellte auf die Zulässigkeit der Erbringung von Rechtsdienstleistungen ab, die gegeben sein sollte, wenn eine spezielle Erlaubnis vorliegt. An der Rechtspraxis soll diese Änderung der Normstruktur nichts ändern. Sie soll allein der Klarstellung dienen.
  • Die Aufsicht über Anbieter von Rechtsdienstleistungen wird beim Bundesamt für Justiz zentralisiert. Zuvor war die jeweils zuständige Landesbehörde im Bereich des (Wohn-)Sitzes zuständig.
  • Die unerlaubte gewerbsmäßige Erbringung von Rechtsdienstleistungen ist nun generell als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt, wobei Vorsatz erforderlich ist. Nach der alten Fassung war dies nur in den Fällen des § 10 Abs. 1 RDG der Fall, also wenn es sich um Inkassodienstleistungen, Rentenberatung oder Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht handelte.
  • Der Bußgeldrahmen ermöglicht nach neuem Recht die Wertabschöpfung beim Anbieter der unbefugt erbrachten Rechtsdienstleistung.
  • Zuständige Bußgeldbehörde ist nunmehr ebenfalls das Bundesamt für Justiz.
Eine Verbesserung der Aufsicht über Rechtsdienstleister

Das RDASG erreicht das gesetzgeberische Ziel, die Aufsicht über die Anbieter außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen zu verbessern. Dies ist die einhellige Meinung der bisher dazu erschienenen Literatur. Kritik wird lediglich insoweit geäußert, als einigen Beobachtern die Neuregelungen nicht weit genug gehen:

  • Die Zentralisierung der Aufsicht ermöglicht eine Vereinheitlichung der Rechtspraxis.
    Die Zentralisierung der Aufsicht über Rechtsdienstleister beim Bundesamt für Justiz beendet eine Zersplitterung der Aufsicht, für die in der Vergangenheit bei einer Vielzahl von Landesbehörden lag.
  • Die Zentralisierung der Aufsicht unterbindet forum shopping und ein damit verbundenes race to the bottom.Folge der Zentralisierung ist weiterhin, dass sich die Anbieter von Rechtsdienstleistungen nicht mehr durch eine Sitzverlagerung in den Zuständigkeitsbereich einer weniger strengen Aufsichtsbehörde flüchten können. Diese Art des forum shoppings (bzw. regulator shoppings) barg die Gefahr eines race to the bottom, also einer faktischen Absenkung der Aufsichtsstandards über die Mehrzahl der Anbieter von Rechtsdienstleistungen durch strategische Sitzwahl bzw. -wechsel.
  • Die Zentralisierung der Aufsicht beschleunigt die Professionalisierung der Aufsicht.
    Wenn dieselbe Behörde an Stelle von einer Vielzahl verschiedener Landesbehörden die Aufsicht über alle Anbieter von Rechtsdienstleistungen in Deutschland ausübt, ermöglicht das eine Professionalisierung der Aufsicht durch Spezialisierung des Aufsichtspersonals. Die Aufsicht über die Anbieter von Rechtsdienstleistungen kann dann Hauptaufgabe sein und ist nicht eine sporadisch auszuübende Annexkompetenz. Durch entsprechende Aus- und Weiterbildungen kann sichergestellt werden, dass das Aufsichtspersonal über vertiefte Kenntnisse der Materie verfügt.
  • Die lückenlose Bußgeldbewehrung verbessert den Verbraucherschutz und den Schutz des Rechtsverkehrs.
    Vor der Reform durch das RDASG waren bestimmte Verstöße gegen das RDG sanktioniert, andere Verstöße aber nicht. Die nichtsanktionierten Verstöße waren teilweise schwerwiegender, weil der Anbieter Rechtsdienstleistungen ausübte, die der Anwaltschaft vorbehalten war. Nunmehr ist jede unbefugte Erbringung von Rechtsdienstleistungen ordnungswidrig und damit sanktionsfähig. Die damit verbundene Abschreckungswirkung schützt Verbraucher und den Rechtsverkehr insgesamt.
  • Der Bußgeldrahmen ermöglicht die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils der rechtswidrig erbrachten Rechtsdienstleistung.
    Der neue Bußgeldrahmen ermöglicht es dem Bundesamt für Justiz, Bußgelder zu verhängen, die den wirtschaftlichen Vorteil des Verstoßes vollständig abschöpfen. Auch hierdurch ist eine Abschreckungswirkung zu erwarten.
  • Eine Ungleichbehandlung zur Anwaltschaft bleibt bestehen.
    Einigen Beobachtern, insbesondere Henssler und Sassna gehen die Neuregelungen nicht weit genug, weil sie noch immer Inkassounternehmen, die teilweise vergleichbare Dienstleistungen anbieten wie Rechtsanwälte, noch immer weniger strengen Berufsregeln unterliegen als die Anwaltschaft.
RDG und Streitbeilegung

Auch nach dem Inkrafttreten des RDASG bleibt es bei dem Befund, dass das RDG auf Anbieter von Streitbeilegungsdienstleistungen, sei es als Mediatoren, Schiedsrichter oder Güte- oder Schlichtungsstelle, nicht anwendbar ist. Für die Mediation ergibt sich dies konkret aus dem Umstand, dass die Tätigkeit des Mediators nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG vom Anwendungsbereich des RDG ausgenommen ist (Schroeder in: Fritz / Pielsticker, Handbuch Mediationsrecht, 3. Aufl. 2024, S. 689). Das bedeutet im Ergebnis, dass auch Personen, die nicht als Rechtsanwalt zugelassen sind, keine Erlaubnis nach dem RDG benötigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie keine eigenen Einigungsvorschläge unterbreiten (ausführlich Schroeder in: Fritz / Pielsticker, Handbuch Mediationsrecht, 3. Aufl. 2024, S. 689).

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