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Länger, teurer, anspruchsvoller: Zweite Verordnung zur Änderung der ZMediatAusbV

I. Allgemeines

Die Zweite Verordnung zur Änderung der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung vom 11. Juli 2023 ist nunmehr im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl. 2023 I Nr. 185 vom 18.07.2023, hier). Sie geht auf den Änderungs- und Regelungsbedarf zurück, der insbesondere in dem vom Bundesministerium der Justiz zwischen Juni 2020 bis November 2021 online geführten Austausch mit an der Mediation interessierten Praktikerinnen und Praktikern, Verbänden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern identifiziert worden ist. Er greift allerdings nicht alle als regelungsbedürftig benannten Punkte auf (siehe den Beitrag auf adribo ACADEMY hier).

Die nunmehr getroffenen Änderungen, so das BMJ, dienen dem Ziel, das Vertrauen des Marktes in eine qualitativ fundierte und kontrollierte Ausbildung praxiserfahrener zertifizierter Mediatorinnen und Mediatoren zu stärken. Zudem soll die Aufnahme neuer Lerninhalte das Ausbildungssystem in das digitale Informationszeitalter überführen.

II. Regelungsinhalte im Überblick

  • Verlängerung der Ausbildung auf 130 Präsenzzeitstunden.
  • Die bislang dem theoretischen Ausbildungslehrgang nachgelagerten vier Praxisfälle sowie vier Supervisionen werden zeitlich vorgezogen und in die Ausbildung integriert.
  • Die Ausbildungsinstitute bescheinigen die Teilnahme an einer den Anforderungen der Verordnung entsprechenden Ausbildung. Die Bescheinigung ist Voraussetzung dafür, dass sich eine Mediatorin bzw. ein Mediator als „zertifiziert“ bezeichnen darf. Die Berechtigung, das Gütesiegel zu führen, entfällt, wenn die nach der Verordnung vorgeschriebenen Fortbildungen nicht oder nicht fristgerecht durchgeführt werden.
  • Überdies ist in der Verordnung ausdrücklich geregelt, dass bis zu 40 % des Ausbildungslehrgangs auch im Online-Format durchgeführt werden darf. Ferner sind als weitere Lerninhalte die Digitalkompetenz und die Kompetenz zur Durchführung von Online-Mediationen vorgeschrieben worden. Schließlich wird klargestellt, dass die Ausbildungsteilnehmenden zwischen Einzel- und Gruppensupervisionen wählen können.

III. Regelungsinhalte im Einzelnen

Artikel 1

§ 2 ZMediatAusbV

– Nach Absatz 1 der Vorschrift darf sich nunmehr als zertifizierter Mediator nur derjenige bezeichnen, der über eine nach Absatz 6 ausgestellte Bescheinigung verfügt.

Nach der alten Rechtslage war es ausreichend, wenn die nach der Verordnung geforderten Voraussetzungen erbracht wurden, also die 120-stündige Präsenzzeitausbildung und eine supervidierte Mediation. Die hiernach zu erstellenden Bescheinigungen hatten lediglich deklaratorischen Charakter. Nunmehr ist die Bescheinigung, deren Inhalte in der Verordnung vorgegeben sind, zwingende Voraussetzung.

– Absatz 2 hat die Zahl der während der Ausbildung zu erbringenden Supervisionen von bislang einer auf nunmehr fünf erhöht.

Die fünf zu supervidierenden Mediationen oder Co-Mediationen sind nunmehr in die Ausbildung integriert, während nach der alten Rechtslage vier supervidierten Mediationen dem Ausbildungsgang (vgl. den nunmehr aufgehobenen früheren § 4 ZMediatAusbV) nachgelagert waren.

– Absatz 4 erhöht den Umfang der Präsenzzeitstunden von 120 auf nunmehr mindestens 130. Bis zu vierzig Prozent der Präsenzzeitstunden können in virtueller Form durchgeführt werden, sofern neben der Anwesenheitsprüfung auch die Möglichkeit der persönlichen Interaktion der Lehrkräfte mit den Ausbildungsteilnehmenden sowie der Ausbildungsteilnehmenden untereinander sichergestellt ist.

Mit dieser Änderung reagiert der Verordnungsgeber auf die Konsequenzen, die die Ausbildungsinstitute während der Corona-Pandemie entwickelt hatten und trifft eine eindeutige Regelung hinsichtlich Umfang und Rahmenbedingung von Online-Formaten.

– In Absatz 5 wird festgelegt, dass die fünf Supervisionen spätestens drei Jahre nach Beendigung des Ausbildungslehrgangs durchgeführt sein müssen. Zudem sind sie vom jeweiligen Supervisor zu bestätigen.

Die Änderung enthält keine Regelungen, wie die „Bestätigung“ aussehen soll. Es bietet sich daher an, auf die Vorschrift des früheren § 4 Abs. 2 ZMediatAusbV zurückzugreifen und sich als Auszubildender vom Supervisor eine Bestätigung ausstellen zu lassen, die dann dem Ausbildungsinstitut vorgelegt werden kann. Durch die veränderte Terminologie, nämlich Supervision statt Einzelsupervision, wird klargestellt, dass die Supervision auch als Gruppensupervisionen durchgeführt werden kann (zur mediationsanalogen Supervision vgl. Fritz/Pielsticker, Handbuch zum Mediationsgesetz, 2. Aufl., Teil 2 C § 2 ZMediatAusbV, 49 ff ).

– Wie bislang schon ist nach Absatz 6 von der Ausbildungseinrichtung eine Bescheinigung auszustellen, was nunmehr aber erst geschehen darf, wenn der Ausbildungslehrgang beendet ist und die fünf supervidierten Mediationen bestätigt sind.

Wie im Kontext von Absatz 4 dargelegt, sollten die vom Supervisor erstellten Bestätigungen dem Ausbildungsinstitut vorgelegt werden, da dieses Datum und Ort der durchgeführten Supervisionen, Name und Anschrift des Supervisors sowie anonymisierte Angaben zu in den Supervisionen besprochenen Mediationen in der abschließenden Bescheinigung mit aufführen muss.

§ 3 ZMediatAusbV

– Die Vorschrift stellt in ihrem Absatz 1 klar, dass die geforderten 40 Stunden Fortbildungen im wiederkehrenden Rhythmus von 4 Jahren erfüllt sein müssen. Erfüllt der zertifizierte Mediator seine Verpflichtungen nicht, so entfällt seine Berechtigung zur Führung der Bezeichnung „zertifizierter Mediator“.

Die Regelung über den Wegfall der Berechtigung, das Gütesiegel Zertifizierter Mediator zu führen, ist nunmehr explizit in den Gesetzestext aufgenommen worden.

– Im neu hinzugekommenen Absatz 4 ist geregelt, dass der zertifizierte Mediator sich spätestens zum Ablauf der Frist des Absatzes 1 Satz 4 die Teilnahme an den Fort- bildungsveranstaltungen von seiner Ausbildungseinrichtung bescheinigen lassen muss. Die Bescheinigung muss neben den Angaben nach Absatz 3 Satz 2 auch die Bestätigung enthalten, dass die Frist des Absatzes 1 Satz 4 gewahrt wurde.

Die Sinnhaftigkeit dieser Regelung ist nur schwer nachzuvollziehen, bürdet sie doch den Ausbildungseinrichtungen auf, auch lange nach Abschluss der eigentlichen 130 Präsenzzeitstunden umfassenden Ausbildung noch Bescheinigungen auszustellen. Das können sieben Jahre sein, wenn man die Regelung dahingehend interpretiert, dass sie sich nur auf die erste Vierjahresfrist nach § 4 Abs. 1 S. 4 bezieht. Das ist jedoch keineswegs eindeutig, wenn man in den Blick nimmt, dass die Fortbildungsverpflichtungen sich im Vierjahresrhytmus wiederholen, so dass dann auch noch nach 11 oder gar 15 Jahren (!) entsprechende Bescheinigungen auszustellen wären.

§ 4 ZMediatAusbV

– Der bisherige § 4 wurde aufgehoben, da die Regelung über Einzelsupervisionen in den § 2 integriert wurde.

§ 7 ZMediatAusbV

– In dieser Norm, die Übergangsvorschriften enthält, werden in den Absätzen 2 und 3 terminliche Klarstellungen vorgenommen, die sich auf die frühere Rechtslage beziehen.

– In Absatz 4 wird geregelt, dass die bisherige Rechtslage weiter gilt, wenn die Ausbildung vor dem 29. Februar 2024 abgeschlossen oder begonnen und bis 29. Februar 2028 abgeschlossen wurde, wobei die regelmäßigen Fortbildungspflichten nach § 3 Abs. 1 bis 3 zu erfüllen sind.

Anlage zu § 2 Absatz 3

– Die Anlage wurde in der Zeitstundenanzahl auf 130 Stunden erhöht und unter „Ablauf und Rahmenbedingungen der Mediation“ in Nr. 2 b) dd) als Inhalt des Ausbildungslehrgangs „Online-Mediation und Digitalkompetenz“ neu aufgenommen.

Artikel 2 Inkrafttreten

– Die Verordnung tritt am 1. März 2024 in Kraft.

IV. Ausblick

Die neuen Vorschriften werden, das darf prognostiziert werden, die Ausbildung verteuern. Wer daher noch unter der bisherigen Regelungen eine Ausbildung durchführen möchte, der sei auf den von adribo ACADEMY in Zusammenarbeit mit der HERA angebotenen Ausbildungsgang aufmerksam gemacht, der am 16. November 2023 in Frankfurt starten wird (zu Einzelheiten der Ausbildung siehe hier).

Mediatorinnen und Mediatoren, die über die hier dargestellten Beschreibung der Verordnung hinaus vertiefte Informationen benötigen, seien auf die 3. Auflage des von Fritz/Pielsticker herausgegebenen „Handbuch zum Mediationsgesetz“ verwiesen, die im Frühjahr 2024 erscheinen wird.

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