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Referentenentwurf zur Änderung der Ausbildungsverordnung

Dieser Tage hat das BMJ den lange erwarteten Referentenentwurf für eine zweite Verordnung zur Änderung der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung an Verbände und Fachkreise zur Stellungnahme zugeleitet (siehe hier).

Die vorgesehenen Änderungen

Der Entwurf greift einige wenige der Regelungspunkte auf, die im online geführten Austausch des BMJ mit an der Mediation Interessierten von Juni 2020 bis November 2021 sowie auf dem 17. Konfliktmanagement-Kongress in Hannover im September 2021 (siehe hier) erarbeitet wurden. Standen seinerzeit noch Themen wie Mediationskostenhilfe, Vollstreckbarkeit von Mediationsvereinbarungen, Zertifizierung, Online-Ausbildung, Supervision, Implementierung in Anwalt- und Richterschaft etc. auf der Agenda, beschränkt sich der nunmehr vorgelegten Referentenentwurf auf die folgenden Änderungen der ZMediatAusbV, die zum 1. Januar 2024 in Kraft treten sollen:

  • Die Ausbildung zum zertifizierten Mediator soll sich zukünftig zusammensetzen aus einem Ausbildungslehrgang und fünf supervidierten Mediationen, die der Ausbildungsteilnehmende jeweils als Mediator oder Co-Mediator durchgeführt hat.
  • Der Umfang des Ausbildungslehrgangs beträgt mindestens 130 Präsenzzeitstunden. Davon können bis zu vierzig Prozent in virtueller Form durchgeführt werden, sofern neben der Anwesenheitsprüfung auch die Möglichkeit der persönlichen Interaktion der Lehrkräfte mit den Ausbildungsteilnehmenden sowie der Ausbildungsteilnehmenden untereinander sichergestellt ist.
  • Inhaltlich wird der Ausbildungslehrgang, wie sich aus der Anlage zu § 2 Absatz 3 ergibt, um den Bereich „Online-Mediation, Digitalkompetenz“ im Umfang von 1o Zeitstunden erweitert.
  • Die fünf supervidierten Mediationen, die vom jeweiligen Supervisor zu bestätigen sind, müssen spätestens drei Jahre nach Beendigung des Ausbildungslehrgangs durchgeführt sein. Die Supervisionen können auch in Form einer Gruppensupervision durchgeführt werden.
  • Die Bescheinigung über den Abschluss der Ausbildung (und damit die Berechtigung, sich als zertifiziert zu bezeichnen) darf erst ausgestellt werden, wenn der Ausbildungslehrgang beendet ist und die fünf supervidierten Mediationen bestätigt sind.
  • Auch zukünftig muss der zertifizierte Mediator nach Abschluss der Ausbildung alle vier Jahre mindestens 40 Zeitstunden an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen und – um sicherzustellen, dass diese Verpflichtung fristgerecht erfüllt wurde – sich bei der Ausbildungseinrichtung dies einmalig bescheinigen lassen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Ausbildungsinstitute genaue Kenntnisse über die Beendigung der Ausbildung haben und mithin die Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung im ersten Vier-Jahres-Turnus überprüfen können. Danach geht dies in die Selbstverantwortung der zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren über.
  • Für diejenigen, die ihre Ausbildung zum zertifizierten Mediator bzw. zur zertifizierten Mediatorin bis einschließlich 31. Dezember 2023 begonnen oder abgeschlossen haben, gelten weiterhin die bisherigen Regelungen.

Erbetene Stellungnahmen

Wissenschaft, Praxis und sonstigen Interessierten ist nunmehr eine Frist zur Stellungnahme bis zum 28. April 2023 eingeräumt worden (siehe hier), wobei das BMJ insbesondere die folgenden Aspekte berücksichtigt wissen will:

  1. Sollte der zulässige Online-Anteil der Ausbildung (vorerst auf bis zu 40 % festgesetzt) aus Ihrer Sicht eine Änderung erfahren? Sprechen Sie sich für eine Reduzierung oder eine Erhöhung des Anteils aus? Könnte/Sollte dieser ggf. sogar bei 100 % liegen dürfen? Aus welchen Gründen?
  2. Bewerten Sie die im Entwurf in Ansatz gebrachten fünf supervidierten Praxisfälle (bei einem Online-Anteil der Ausbildung von bis 40 %) als sachgerecht? Sollte der Anteil der Praxisfälle ggf. niedriger oder sogar höher ausfallen? Aus welchen Gründen?
  3. Wie bewerten Sie eine Art „Stufenlösung“, nach der sich die Anzahl der supervidierten Praxisfälle bei einem höheren Online-Anteil der Ausbildung als 40 % stufenweise, je nachdem, wie hoch der Online-Anteil ist, erhöht? Falls Sie sich dafür aussprechen: Wie viele supervidierten Fälle sollten bei einem Online-Anteil von 100 % gefordert werden? Bei welchen Stufen sollte eine Erhöhung der supervidierten Praxisfälle erfolgen?
  4. Gibt es aus Ihrer Sicht ggf. einen neuen bzw. anderen Ansatz, der beim Begriff der „Präsenzzeitstunden“ verfolgt werden kann, um diesen sowohl rechtssicher als auch praxistauglich auszufüllen, aber auch den Anforderungen einer zunehmenden Digitalisierung gerecht zu werden?

Konsequenzen

Was folgt aus den vorgesehenen Änderungen?

Zunächst einmal eine Verlängerung und damit einhergehend eine Verteuerung der Ausbildung. Konnte man bislang die eine für die Zertifizierung erforderliche Supervision während der Ausbildung absolvieren und somit mit dem Abschluss der 120 Präsenzzeitstunden sich als zertifizierter Mediator / als zertifizierte Mediatorin bezeichnen (siehe bspw. hier), wird dies bei fünf zu supervidierenden Mediationen wohl kaum noch möglich sein.

Zu begrüßen sind die vorgesehenen Klarstellungen: war es bislang streitig, ob Präsenzzeitstunden auch im Online-Format durchgeführt werden konnten, so wird nunmehr geregelt, dass 40 % der vorgeschriebenen 130 Präsenzzeitstunden online erfolgen können, solange bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden. Auch die unglücklich gewählte Begrifflichkeit der „Einzelsupervision“ entfällt und mit ihr die Diskussion, ob Gruppensupervisionen zulässig sind (vgl. hierzu Fritz / Pielsticker, Handbuch zum Mediationsgesetz, 2. Aufl., Teil 2, § 2 ZMediatAusbV Rdn. 35 ff).

Ungeregeltes

Wichtige Aspekte bleiben allerdings weiterhin ungeregelt. Dazu zählt bspw. die Frage, wie derjenige, der seine Fortbildungsverpflichtungen nicht hat einhalten können und die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ verloren hat, wieder in den Genuss der Zertifizierung gelangen kann. Und auch die seit langem geforderte unabhängige Zertifizierungsstelle (vgl. hierzu das Positionspapier der Deutschen Stiftung Mediation, hier) ist ebenfalls nicht in Sicht.

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