I. Die seit Jahren praktizierte, bewährte und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen adribo Academy und „pro re Partizipation und Mediation“ fand am 18.11.2022 ihre Fortsetzung:
Prof. Dr. Roland Fritz, adribo Gesellschafter und Ausbildungsleiter bei adribo Academy, führte im Rahmen der von Dr. Gisela Wachinger angebotenen Ausbildung „Mediation in Naturschutz- und Energiewende-Konflikte“ (Einzelheiten siehe hier) für deren Teilnehmer und Teilnehmerinnen ein Online-Präsenz-Seminar zum Thema Mediation und Recht durch.
II. Das Seminar orientierte sich inhaltlich an den Vorgaben der Nummern 6 und 7 der Anlage zur Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV), die zwischen dem „Recht der Mediation“ und dem „Recht in der Mediation“ differenziert:
– Zum Recht der Mediation zählen die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter deren Vorgaben ein Mediationsverfahren stattfindet. Neben der EU-Mediationsrichtlinie vom 21.Mai 2008 und dem Code of Conduct sind hier in erster Linie das Mediationsgesetz, die ZMediatAusbV, das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG), das Rechtsdienstleistungs-gesetz (RDG) und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb zu nennen (UWG). Aus ihnen ergeben sich spezifische Regelungen und Verpflichtungen, beispielsweise zum Mediationsvertrag, zur Verschwiegenheit, zu Haftungs- und Versicherungsfragen.
– Das Recht in der Mediation umfasst insbesondere die Abgrenzung von zulässiger rechtlicher Information und unzulässiger Rechtsberatung in der Mediation durch Mediatorinnen und Mediatoren, die Sensibilisierung für das Erkennen rechtlich relevanter Sachverhalte und von Situationen, in denen den Medianden die Inanspruchnahme externer rechtlicher Beratung zu empfehlen ist, um eine informierte Entscheidung treffen zu können, die Mitwirkung externer Berater und schließlich Fragen betreffend die Abschlussvereinbarung, insbesondere deren Vollstreckbarkeit (vgl. hierzu auch Behme, Rechtliche Grenzen der Konfliktlösung durch Mediation, AnwBl. 2017, 16 ff).
Theoretische Inputs, Falllösungen und kleinere Übungen prägten das Online-Präsenz-Seminar, wobei ein Schwerpunkt die in § 4 MediationsG geregelte Verschwiegenheitspflicht von Mediatorinnen und Mediatoren betraf. Diese – so die Erfahrung des Autors dieses Beitrags – wird häufig nicht in gebotenem Umfang gewahrt: sei es aus Unkenntnis über ihren Umfang, sei es aus Geltungsbedürfnis, wobei beides als gleich unprofessionell einzustufen ist. Dabei trifft das Gesetz eindeutige Vorgaben:
Die Verschwiegenheitspflicht betrifft den „Mediator“ und „die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen“ (also Protokollführer, Sekretärinnen, Vermieter von Räumlichkeiten etc.) und „bezieht sich auf alles, was ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt geworden ist“. Hierzu zählen, was häufig verkannt wird, bereits erste Mediationsanfragen; zudem aber auch Ort, Zeit und Dauer der Verhandlungen, die jeweiligen Konfliktbeteiligten, in das Verfahren einbezogene Dritte, der konkrete Verfahrensablauf, der gesprochene wie auch der schriftliche Inhalt, Hinweise und Anregungen des Mediators / der Mediatorin, Protokolle, Vermerke und sonstige Aufzeichnungen des Verfahrens wie Flipcharts, Karteikarten, Online-Korrespondenz.
Anhand verschiedener Fallbeispiele wurde mit den Seminarteilnehmern und -teilnehmerinnen die Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht nach § 4 Satz 3 Nrn. 1. bis 3. MediationsG erarbeitet, die über die gesetzlichen Regelungen hinaus auch dann entfällt, wenn die Medianden den Mediator / die Mediatorin hiervon übereinstimmend entbinden.
In all diesen Fallkonstellationen jedoch gilt, dass der Mediator / die Mediatorin sprechen darf, aber nicht sprechen muss!
Sprechen muss er / sie allerdings mit den Medianden: Nach § 4 Satz 4 MediationsG muss er / sie die Parteien über den Umfang der Verschwiegenheitspflicht informieren. Ob dies auch die Ausnahmen nach Satz 3 sowie solche aufgrund allgemeiner Rechtsgrundsätze betrifft, ist zweifelhaft. Während im „Handbuch zum Mediationsgesetz“ von Fritz/Pielsticker (2. Aufl., § 4 MediationsG, Rdn. 47 f) angeraten wird, schriftlich anhand des Gesetzestextes zu informieren, geht Greger (Recht der alternativen Konfliktlösung, 2. Aufl., § 4 MediationsG, Rdn. 34) davon aus, dass ein allgemeiner Hinweis auf übergeordnete Belange ausreichend sei und empfiehlt folgenden Text: „Ich bin verpflichtet, über alle geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, die mir im Rahmen der Mediation bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren, solange dadurch keine übergeordneten Belange verletzt werden“.
Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht, das machte das Online-Präsenzseminar ebenfalls deutlich, können strafrechtliche wie auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sei es nach § 203 StGB, wenn der Mediator einer der in der Norm genannten Berufsgruppen angehört, sei es nach § 280 Abs. 1 und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 MediationsG.
Naheliegendes Fazit somit bei einem Verstoß gegen § 4 Sätze 1,2 MediationsG:
„si tacuisses“!
III. Interessenten aus dem süddeutschen Raum, die sich im Bereich von Naturschutz- und Energiewendekonflikten fortbilden wollen, seien auf die zweitägige Fortbildungsveranstaltung von pro re am 26. und 27. Januar 2023 hingewiesen (Infos und Anmeldung hier).